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Rache am Leben

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- Parabel vom selbstgemachten Leiden - Bildanalytischer Appetizer Nr. 5 Kurze Einführung: Ich bin Beobachter einer Diskussion, in welcher sich ein Psychotherapeut  und ein Hilfesuchender gegenüber stehen.  Der Psychotherapeut ist umringt von Kollegen, bei denen er ein gewisses Ansehen  hat. Hinter dem Kranken, in einigen Metern Abstand, sehe ich eine  Schar von interessierten Anderen, offensichtlich ebenfalls Hilfesuchenden,  die von weitem vorsichtig aber ebenso neugierig an der Begegnung teilhaben wollen. Der Psychotherapeut und sein Gegenüber sprechen dabei ein wenig übertrieben in Metaphern, also in manchmal etwas blumigen Umschreibungen, aber ansonsten kommt es zu einem hochinteressanten Gespräch über das Wesen seelischer Beinträchtigungen und wie man grundsätzlich zu ihnen stehen soll.  Als ich dann aber plötzlich aufwache, habe ich einen Originaltext  von F. Nietzsche aus dem Zarathustra in der Hand (Also sprach Zarathustra; Zweiter Teil; von der Erlösung). Ich war

Fixierendes oder vergleichendes Beschreiben

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Bildanalytischer Appetizer Nr. 4 Ring-Around, Paul Wallach 1999 Skulpturenpark Köln, Foto Werner Mikus Beschreibung will etwas festhalten Wenn wir beschreiben, wollen wir etwas festhalten. Etwas, das im Fluss des Geschehens unterzugehen droht, soll uns erhalten bleiben und wieder hervorholbar sein. Deshalb versuchen wir es in einer Beschreibung festzuhalten. Wenn uns dies gelungen ist, kann jeder, der es liest, es sich wieder zugänglich machen. Beschreiben durch Fixieren Wenn es um die Bewegung eines geworfenen Balles geht, ist das kein Problem: Wir beschreiben die Flugbahn einer Kugel als eine Kurve, die wir vielleicht durch die Höhe beim Abwurf und durch die Zeit beschreiben, welche sie braucht, bis sie auf den Boden aufschlägt. Eventuell beschreiben wir auch die sich im Flug verändernde Geschwindigkeit. Darüber hinaus können wir den Vorgang noch durch die Angabe eines kodifizierten Materials, durch die klassifizierte geometrische Form und durch die Größe des Durchmessers

Polaritäten verführen

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Bildanalytischer Appetizer Nr. 3 Wenn wir über psychische Verhältnisse reden, helfen wir uns oft mit dem Ordnungsprinzip der Polarität. Wollen wir z.B. einen Menschen zu mehr Fleiß bewegen, fällt uns gleich die Eigenschaft der Faulheit ein und wir bezeichnen ihn vielleicht als faul.  Schauen wir genauer hin, haben wir damit aber nicht eine besondere Qualität oder Eigenschaft beschrieben sondern vielmehr das Fehlen einer solchen angemerkt: Mit dem Faulsein sagen wir lediglich, dass ihm der Fleiß fehle, alles andere bleibt offen und unausgesagt. Die Polarität (in unserem Beispiel: fleißig-faul) verführt dazu, uns der Arbeit einer genaueren Beschreibung zu entziehen. Diese ist aber unbedingt nötig. Wir müssten eine Art von seelischer Kartografie um den "Pol" des Faulseins herum entwerfen, welcher der Komplexität der vielfältigen Zusammenhänge Rechnung trägt. Nur so können wir eine Vorstellung davon gewinnen, wie eine Entwicklung von da aus in eine andere Richtung aussehen k

Entwicklung im Spiegel der Geschichte

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Bildanalytischer Appetizer Nr. 2 Entwicklung steht in der Geschichte unserer Kultur für drei verschiedene Haltungen und Fragen an die Wirklichkeit. (1) Entwicklung als Herausstellen von Sinn (etwas deutlich machen, explizieren, offenlegen) Im christlichen Zeitalter bis in den Umbruch der sogenannten Neuzeit hinein, sah man in einer Entwicklung die Offenbarungen eines göttlichen Planes. Wenn man die Natur beobachtete, las man im Buch der Natur, das von Gott geschrieben war. Entwickeln hieß, die Zielgerichtetheit der Sache herausstellen, seine Teleologie offenlegen. Für die richtige Lesart sorgten Priester und die lateinische Sprache, die nur für wenige zugängliche war.  (2) Entwicklung als Funktionieren (Entwicklung-in-sich) In der Neuzeit  und mit dem Aufkommen eines naturwissenschaftlichen Weltbildes entstand ein neues und anderes Interesse an der Entwicklung. Die Frage nach dem Funktionieren rückte in den Vordergrund: Wie geht eines aus dem anderen hervor?
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Bildanalytische Psychologie - Begriffserklärung - Bildanalytischer Appetizer Nr. 1 Analytisch...     weist auf eine Verwandtschaft mit der Psychoanalyse hin.  In der Bildanalytischen Psychologie haben die seelischen Widersprüche eine ebenso zentrale Bedeutung wie in der Psychoanalyse. Freud konnte zeigen, dass die  Widersprüche (Ambivalenzen) im Seelischen Dreh- und Angelpunkt des psychischen Funktionierens sind.  Die Psychoanalyse im Ganzen wirkte hierzu wie ein experimenteller Beweis:  Werden die Widersprüchlichkeiten im Seelischen ausgeklammert, entstehen Krankheiten (Neurosen), werden sie in der seelischen Konstruktion zugelassen, verschwinden die Störungen. Bild... weist darauf hin, dass die Bildanalytische Psychologie den Gegenstand des Seelischen erweitert. Seelisches meint hier über die Erlebens- und Verhaltenszusammenhänge hinaus alle bildhaften Verhältnisse, auch diejenigen, bei denen die Persönlichkeit nicht einbezogen ist. Die Tiefe

Fußnotenwissenschaften und eine neue Zeit

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Wissenschaft als Form des Klarstellens von Zusammenhängen durch eine Autorität verliert in unserer Zeit zunehmend an Interesse. Die neue Zeit, in die wir hineinwachsen, braucht nicht mehr DIESE Form von Sicherheit, eine, die sich hauptsächlich auf Autoritäten beruft. Ich sehe vielmehr eine Fehlentwicklung darin. Wissenschaft darf nicht zu einer Art von Fußnotenwissenschaft verkommen. Eine neue, intensiver sich austauschende Generation, getragen durch ein anderes Grundgefühl, wendet sich davon ab, auch wenn die  Diskussion um den Fall Guttenberg auf den ersten Blick vielleicht das Gegenteil zeigt. Für mich ist der Wirbel und die Empörung über die sogenannten geistigen Plagiate in weiten Teilen ein Tanz um das goldene Kalb eines "sich selbst applaudierenden" (Sloterdijk) Zitierens. ;-). „Wissenschaftliches Gold“ hat seine "Quellen" doch nicht im ordentlichen Zitieren. Dass diese Diskussion aber ausgerechnet um einen Mann mit dem Namen Guttenberg losgebrochen ist,

Psyche von der Kommunikation her verstehen

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Psyche können wir nach dem Bild einer Kommunikation verstehen. Dann gehen wir von bildhaften (erlebbaren) Zusammenhängen aus, die im „Gespräch“ miteinander sind. Wie in einer guten Unterhaltung tragen diese untereinander etwas aus. Das bedeutet: Es findet ein Austausch zwischen Zusammenhängen statt, die prinzipiell erlebbar sind, also zwischen Analogien, Bildern und Gleichnissen. Diese Art von Kommunikation findet nicht nur zwischen Personen statt, sondern auch innerhalb eines persönlichen Handlungsgeschehens selbst. Und so weit auch Sachen in ihrem Funktionieren oder Wirken Bildverhältnissen folgen, sind sie als seelische Zusammenhänge zu verstehen und wirksam. Das gilt im Übrigen auch dann, wenn bildhafte Zusammenhänge im konkreten Fall vielleicht gar nicht erlebt werden, die Möglichkeit hierzu aber vorhanden ist. Bilder untereinander - ein Beispiel Man kann beobachten, wie bildhafte Zusammenhänge aufeinander wirken. So kann z.B. ein "Sich-Lieb-Kind-machen" (Bil

Das BILD (die Analogie) ist die zukünftige Währung...

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...das BILD als erlebbarer Zusammenhang. Geld war das beschleunigende Medium für eine Waren- und Konsumgesellschaft: Es ermöglichte eine Veränderung: weg von einer frühen Tausch-, hin zur heutigen Waren- und Konsumgesellschaft. Analog dazu lässt sich sagen: Das „Bild“ ist das beschleunigende Medium für eine Kommunikationsgesellschaft: Es ermöglicht die Veränderung: weg von einer naiven Kommunikation - die noch nach dem Modell von "Sender und Empfänger" (Produkt/Käufer) funktioniert - hin zur Kommunikation einer "komplexen Teilhabe". P.S. mit "Bild" ist das Gleichnishafte und Analoge gemeint, nicht die irgendwo aufhängbare Abbildung Bild im Netz gefunden  (Adresse per Bildklick) Hier demnächst mehr dazu...

Teil 5/5: Denken in Paradoxien und psychodoxen Ordnungen

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Dieser Beitrag wurde in 5 Teilen zur Diskussion gestellt Inzwischen ist er in der Fachzeitschrift "Entwicklungstherapie" (Heft 2012) erschienen. Hier ist er in 5 Teilen zu lesen mit Bildern aus dem Netz aufgelockert. Ein neues Bild von Wissenschaft Eine Psychologie der hier skizzierten Art kann sich nur entwickeln, wenn es ihr gelingt, ein eigenes Verstehen von Wissenschaft aufzubauen und sich mit den anderen Wissenschaften darüber ins Verhältnis zu setzen. Die inhaltlich und methodisch neuen Erfahrungen mit dem Seelischen, so wie sie sich hier am Beispiel der entstehenden Psychoanalyse in den Blick gebracht haben, müssen auf diese Weise gewürdigt und ernst genommen werden. Ein erster Schritt auf diesem Weg könnte darin bestehen, auf die Haltung zu schauen: Wie sollte eine wissenschaftlich-psychologische Haltung aussehen, die den neuen Erfahrungen gerecht wird und in welchem Verhältnis steht diese dann zu einer Haltung in der Wissenschaft allgemein? Ich werde versuchen

Teil 4/5: Denken in Paradoxien und psychodoxen Ordnungen

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Das Bild einer zukünftigen Psychologie Hier möchte ich mich nun der Frage stellen, wohin die Entwicklung in diesem Bereich voraussichtlich geht und wie eine Psychologie am Ende aussehen wird, wenn wir unseren Überlegungen folgen wollen. Ich glaube, die Situation der neuen Wissenschaft Psychologie, wird in zweifacher Weise eine Änderung erfahren. Die eine zielt auf das Selbstverständnis des Eigenen in dieser Wissenschaft und die andere auf ein neues Verständnis von Wissenschaft im Allgemeinen. Letzteres heißt: Ein neues allgemeines Verständnis von Wissenschaft muss herausgebildet werden, damit die Psychologie als ebenbürtig akzeptiert und mit Gewinn in die Gemeinschaft der Wissenschaften aufgenommen werden kann. Wenn das gelingt, wird die Wissenschaftsgemeinschaft am Ende von der Psychologie etwas gelernt haben, etwas, das ihr allgemeines Selbstverständnis verändern wird. Beginnen wir aber mit der Frage nach dem Neuen und dem wissenschaftlich Eigenen des Seelischen. Erlebbare Zus