Entwicklung im Spiegel der Geschichte
Bildanalytischer Appetizer Nr. 2
Entwicklung steht in der Geschichte unserer Kultur für drei verschiedene
(1) Entwicklung als Herausstellen von Sinn
(Entwicklung-in-sich)
Was von der alten Zeit geblieben war, ist die Institutionalisierung dieser Suche: An die Stelle der Kirche trat die Wissenschaft, an die Stelle der Priester das Expertentum, an die Stelle der lateinischen Schrift die höhere Mathematik.
(Entwickler sein)
Wie entsteht etwas aus dem Nichts?
Wie muss das Nichts verstanden werden, damit etwas aus ihm entstehen kann? Zur
Beantwortung dieser Frage kann die Bildanalytische Psychologie beitragen:
Bedeutungen sind mit dem Inhalt bildhafter Zusammenhänge gleichzusetzen. Wenn
eine Sache von ihrer Bedeutung her zugleich alles sein kann (Beliebigkeit),
dann ist dieselbe auch so offen wie ein Nichts. Ihr Alles meint dann auch ein
Nichts. Das ist das Paradox von "Bedeutungen". Erst durch die
Entschiedenheit einer Perspektive, welche ein ALLES auf irgendeine Endlichkeit
herunterbricht, entsteht etwas Reales.
Beispiel:
Im Märchen vom Hans im Glück zeigt sich, wie ein Klumpen Gold ALLES ist und
zugleich aber auch NICHTS, weil man einen Goldklumpen weder essen, noch reiten,
noch als Kissen etwa nutzen kann - es zeigt sich aber auch, wie ein NICHTS nach
dem Abwerfen des schweren Arbeitsgerätes (Mühlstein) auf einmal ALLES bedeuten
kann.
Was erkennen wir?
Aus dem "Alles ist zugleich Nichts" kommen wir nicht heraus, auch
nicht, wenn wir diesen Tatbestand in einem inflationären Aus- und Umtauschen zu
bestreiten suchen (wie Hans es tut, der offen ist für alles, was ihm begegnet,
sich aber auf die Anverwandlungs-Angebote der eingetauschten Dinge in keinem
der Fälle nachhaltig einlässt). Sich ansprechen lassen und loslassen kann er
gut. Das Märchen weist nun aber auf eine ganz besondere Drehung hin: Auch das
Tauschen kann zu etwas Bindendem werden - überspitzt: es kann sich in ein
inflationäres Tun verwandeln, an dessen Ende wir mit leeren Händen dastehen
(alles gehabt haben aber nichts mit Bestand). Hans macht sich aber intuitiv vom
„Geschäft“ des Tauschens los, indem ihm das Scherenschleifer-Werkzeug in den
Brunnen fällt. Es ist wie mit dem Prinzip der unverdienten Liebe (Hansens Ziel
war ja die Rückkehr zur Mutter). Das Prinzip der „unverdienten Liebe“ verbindet
ja auch das Nichts mit dem Alles (nichts muss geleistet werden, aber ein Alles
wird uns in der "Endlichkeit" dieser menschlichen Beziehung zuteil).
Bildanalytisch könnte ich hier noch gut
weiter referieren:
In den Naturwissenschaften wird die Frage nach dem Entstehen aus dem Nichts
ebenfalls gestellt z.B. in der kosmologischen Abteilung der Physik: Hier wird
die Meinung vertreten, dass die gesamte vorhandene Realität erst durch die
Brechung einer Symmetrie existiert, welche bis dahin, die sich gegenseitig
aufhebenden Verhältnisse (Materie/Antimaterie) in einem Nichts zusammenhalten
konnte. Auch die Quantenphysik hat zu dem Thema Wichtiges beigetragen. So hat
sie den Begriff des "absoluten Zufalls" eingeführt (ein Konzept, das
Ereignissen Rechnung trägt, die keine individuelle Vorgeschichte haben, aber in
ihrem Eintreten exakt vorhersagbar sind).
Bei diesen Beispielen aus der
Wissenschaftsgemeinschaft soll es hier aber bleiben. Wir lernen nämlich aus dem
Märchen vom Hans im Glück, dass ein Zuviel und ein inflationäres Wechseln von
Beispiel zu Beispiel nicht aus besagtem Paradox herausführt: Der Anspruch eines
"Alles" - wenn wir uns nicht darin verlieren wollen - zwingt uns
vielmehr in die Endlichkeiten eines genaueren Einlassens. Dabei kann auch
nachhaltig etwas entstehen.
http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/f/f3/Hubble_Ultra_Deep_Field_part_d.jpg
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