Improvisationsbereite Kommunikation - Teilhabe

Wir leben in einer produktorientierten Welt.
Wenn wir etwas genauer hinschauen, spüren wir aber auch, dass es eine Entwicklung davon weg gibt. Diese Entwicklung geht auf eine kommunikationsorientierte Wirklichkeit zu. Das entspricht einer gewaltigen Veränderung.



Wer ärgert sich nicht über das Geschwätz in unzähligen Diskussionen, das sich vor unseren Augen im Fernsehen z.B. abspielt (Redeschlachten, Totschlagargumente, sich gegenseitig ins Wort fallen, Abspulen von Parolen etc.). Kommunikation begegnet uns hier in einer verkrüppelten Form, die lösungsfixiert immer die gleichen Schemata bedient.

Mit dem Reiferwerden der neuen Medien (Internet, Communities)
und einer neuen Generation, die sich darin schon von Klein an bewegen durfte, hat sich aber eine neue, spielanaloge Form der Kommunikation entwickelt. Eine kreative Präsenz und improvisationsbereite Lebendigkeit kommt dabei mehr und mehr zum Zug.

Das spielanaloge und improvisationsbereite Kommunizieren, so wie es in den social communties trainiert und kultiviert wird, hat natürlich auch seine Gegner. So wird es immer wieder als oberflächlich abgewertet, weil es seinem Wesen nach eben nicht ergebnisbestimmt, sondern aus dieser Perspektive eher "unabgegrenzt" und "unkontrolliert" ist. Häufig werden die neuen Formen des Austauschs auch als gefährlich abgewertet, weil die neue Offenheit der beruflichen Karriere schaden könne.

Jeder kann auf seine Weise etwas für die neue Entwicklung tun.
Auch die Psychologie!

Und was heißt das für die Psychologie?
Wir müssen ein neues Verständnis von Psyche wagen: Es ist die Konsequenz unseres produktorientierten Lebensstils, dass wir leider auch das Seelische so behandeln, als wäre es nur in der Form eines Endprodukts interessant, also dort, wo es uns als Person entgegentritt oder mindestens in den "Fußabdrücken" derselben (Neigungen, Motivationen, Gewohnheiten).

              (rote Verwandlung - Andrea Terstappen)



Die Zwischenformen dagegen, sind viel interessanter:
In ihnen wird noch nicht getrennt zwischen den Dingen und ihren vermeintlichen Hervorbringern, den Personen. Solche Formen und Verhältnisse haben aber weit mehr Einfluss auf das jeweilige Geschehen, als wir es uns eingestehen wollen. Es lohnt sich, das gewohnte Auftrennen in ein Psychisches und ein Nichtpsychisches (Objektives) aufzugeben: Alle Dinge können so gedacht werden, dass sie auch fähig sind, eine "Kommunikation" untereinander zu führen. Wir können diese Art des Herangehens bildanalytisch oder bildperspektivisch nennen.

Wenn eine Diskussion z.B. in eine "Sackgasse" gerät, haben wir es bei diesem Phänomen (Sackgasse) genauso mit einer psychischen Realität zu tun, wie in dem Fall, wo eine Person sich z.B. in eine Sache "verliert" oder auch "verrennt". Seelische Ereignisse können in genau diesen Bildern wirksam sein, selbst wenn der Einzelne es vielleicht anders "erlebt". Auch das allmähliche "Versanden" eines Gesprächs z.B. stellt eine seelische Realität dar, und kann auch nur deshalb mit einem Erleben z.B. von "Langeweile" oder mit dem eines "Interesse-Verlierens" kommunizieren. Wären alle diese Phänomene nicht von gleicher Natur,  wie wollten sie sich dann untereinander "verstehen" oder "verständigen". Wir müssen versuchen, diese Zusammenhänge so treffend wie möglich zu beschreiben. Und dabei tritt das Bildhafte in den Mittelpunkt, oder (was das gleiche meint): die erlebbaren Zusammenhänge.

Der Begriff "erlebbare Zusammenhänge" macht klar, dass es sich in erster Linie um ein Potenzial handelt aber eben auch um etwas Handfestes und Beschreibbares: Gemeint ist ein "offenes" Wirken nach dem einen oder anderen Bild, welches aber auch Regeln hat, im Einzelnen und Übergreifenden. Eine solche Psychologie wird dem neuen Bild vom Menschen besser gerecht, einem Menschen, der seine intuitiven Fähigkeiten kultiviert und bei der Entwicklung einer Wirklichkeit mit dabei ist, in der das Kommunizieren in den Mittelpunkt tritt, und die der Welt selbst zu einer Intuität verhilft.

Jeder kann für diese Entwicklung etwas tun.
Auf diesem Blog will ich versuchen, diese Entwicklung von einer weitergedachten Psychologie und Kommunikationswissenschaft her zu unterstützen und versuchen, sie als eine Bewegung fassbar zu machen.

Werner Mikus

Das Bild "rote Verwandlung" ist von
Andrea Terstappen - journalistin + malerin -
email: terstappen.a@t-online.de
www.art-terstappen.de

Foto oben: Karin Fischer

Kommentare

  1. Man kann einen (philologischen) Test machen (indem man das Wort "Gott" einsetzt). --> "Freisein von Gott und Freisein für Gott". "Freisein für Gott", das klingt gut und könnte einem Kirchentag als Motto dienen, aber: "Freisein von Gott" ? Das ist ein schwieriger Versuch . . .

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  2. Das ist ein schönes Beispiel dafür, wie man sich einen Zwang auch in einem Themenbereich vorstellen kann, in dem vermeintlich alles klar und zu einem vernünftigen Ende hin gedacht ist. Auch das Ideal, das Du hier auf die Schippe nimmst, das Ideal eines *"Freiseins-von" Gott* (oder von einer ähnlichen "Einrichtung") bietet ein Beispiel für ein zwanghaftes Vorgehen im Seelischen: Das psychisch verstandene Leben blüht nämlich erst in der Atmosphäre eines "Freiseins-für" etwas ÜBERGREIFENDES auf. Oft zeigt sich das ÜBERGREIFENDE in der Form einer Religion (etwas ist uns "heilig"). Über die damit verbudene Kultivierung erhält es aber auch die Möglichkeit sich in ihren Wirkungen gegen die eigenlich verlebendigende Wirkung zu verkehren. Danke für Deinen Schwenk auf dieses Thema. Es wird darüber eher wenig in dieser Weise nachgedacht.

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